Im Begutachtungsentwurf zum Budgetbegleitgesetz 2025 kündigt die Bundesregierung eine tiefgreifende Reform der Grunderwerbsteuer (GrESt) an. Ziel ist es, bestehende Unterschiede zwischen Asset Deals (direkter Erwerb von Grundstücken) und Share Deals (Erwerb von Gesellschaftsanteilen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften) zu beseitigen. Der Gesetzgeber möchte damit vorhandene „Lücken“ bei der Besteuerung von Immobilientransaktionen schließen und die wirtschaftliche Gleichstellung beider Transaktionsformen herstellen.

Die Reform bedeutet eine klare Verschärfung der bestehenden Rechtslage und wird den Strukturierungsaufwand in der Transaktions- und Konzernpraxis signifikant erhöhen.

Nachstehend fassen wir die zentralen Punkte des Begutachtungsentwurfs im Detail zusammen und zeigen auf, wo konkreter Handlungsbedarf besteht.

 

Inhalt: 

  1. Absenkung der Beteiligungsschwelle von 95 % auf 75 %
  2. Ausdehnung der Regelungen für Personengesellschaften auf Kapitalgesellschaften
  3. Einführung des neuen Begriffs der Personenvereinigung
  4. Neuer Steuersatz und neue Bemessungsgrundlage für „Immobiliengesellschaften“
  5. Keine Ausnahme für konzerninterne Vorgänge
  6. Sonderregelung für börsennotierte Gesellschaften („Börsenklausel“)
  7. Weitere Klarstellungen und Details
  8. Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen
  9. Fazit

Absenkung der Beteiligungsschwelle von 95 % auf 75 %

Kernstück der Reform ist die geplante Senkung der Schwelle für die Auslösung der Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigungen. Derzeit fällt GrESt an, wenn 95 % oder mehr der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft in der Hand einer Person vereinigt werden. Künftig soll bereits der Erwerb von 75 % der Anteile diesen steuerlichen Tatbestand auslösen.

Zentraler Punkt der Reform ist auch die Einführung einer mittelbaren Anteilsvereinigung mit multiplikativer Durchrechnung (auf jeder Ebene).

Damit wird es deutlich rascher zur Steuerpflicht kommen – insbesondere bei schrittweisem Beteiligungserwerb oder konzerninternen Restrukturierungen.

Ausdehnung der Regelungen für Personengesellschaften auf Kapitalgesellschaften

Bislang galt § 1 Abs 2a GrEStG nur für Personengesellschaften: Gehen innerhalb von fünf Jahren zumindest 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter über, so wird GrESt ausgelöst.
Diese Sonderregelung soll nun auf Kapitalgesellschaften ausgeweitet werden. Gleichzeitig wird der maßgebliche Zeitraum auf sieben Jahre verlängert.

Diese Änderung erweitert den Anwendungsbereich der GrESt erheblich und bringt insbesondere bei Kapitalgesellschaften neue steuerliche Risiken mit sich, etwa bei Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen.

Einführung des neuen Begriffs der Personenvereinigung

Eine zentrale inhaltliche Neuerung stellt die Einführung des Begriffs der „Personenvereinigung“ dar. Darunter versteht der Gesetzgeber Gruppen von Personen- oder Kapitalgesellschaften, die entweder unter einheitlicher wirtschaftlicher Leitung stehen oder aufgrund von Beteiligungsverhältnissen dem beherrschenden Einfluss einer Person unterliegen.

Künftig soll auch die Vereinigung von Anteilen an einer solchen Personenvereinigung die Grunderwerbsteuerpflicht auslösen – unabhängig davon, ob eine steuerliche Unternehmensgruppe (§ 9 KStG) vorliegt. Die bisherige Sonderstellung solcher Gruppen verliert damit ihre Bedeutung.

Diese Neudefinition bringt erhebliche Unsicherheiten für Konzernstrukturen mit sich, insbesondere da der Begriff der einheitlichen Leitung interpretationsbedürftig bleibt.

Neuer Steuersatz und neue Bemessungsgrundlage für „Immobiliengesellschaften“

Besonders bedeutsam ist die geplante Anhebung des Steuersatzes für Anteilsvereinigungen bei sogenannten Immobiliengesellschaften auf 3,5 % des gemeinen Werts (= Verkehrswert) der Liegenschaft. Damit wird sowohl der Steuersatz als auch die Bemessungsgrundlage neu gefasst.

Der Begriff der Immobiliengesellschaft wird neu im Gesetz definiert: Eine solche liegt dann vor, wenn der Tätigkeitsschwerpunkt der Gesellschaft in der Veräußerung, Verwaltung oder Vermietung von Grundstücken besteht. Diese Definition orientiert sich an wirtschaftlichen Kriterien, was für zusätzliche Abgrenzungsfragen sorgen wird.

Von dieser Neuregelung betroffen sind auch Umgründungsvorgänge, sofern eine Immobiliengesellschaft beteiligt ist. In solchen Fällen greift künftig ebenfalls der Steuersatz von 3,5 % vom gemeinen Wert.

Für „Nicht-Immobiliengesellschaften“ bleibt es hingegen bei der bisherigen Regelung: Anteilsvereinigungen und Umgründungen unterliegen weiterhin dem reduzierten Steuersatz von 0,5 % des Grundstückswerts im Sinne der Grundstückswertverordnung.

Eine weitere Steuerbegünstigung ist hervorzuheben: Erfolgt eine Anteilsvereinigung oder Umgründung ausschließlich innerhalb des Familienkreises gemäß § 26a Abs 1 Z 1 GGG (z. B. Ehegatten, Eltern, Kinder, Enkel), beträgt die GrESt lediglich 0,5 % vom Grundstückswert, selbst wenn es sich um eine Immobiliengesellschaft handelt. Diese Ausnahme wird in der Praxis insbesondere für familieninterne Übertragungen und Nachfolgeplanungen von Bedeutung sein.

Keine Ausnahme für konzerninterne Vorgänge

Bemerkenswert ist, dass der Gesetzesentwurf keine Ausnahme für konzerninterne Transaktionen vorsieht. Im Gegensatz zur deutschen Rechtslage gibt es keine Konzernklausel, die rein interne Umstrukturierungen von der Steuerpflicht befreit. Dies könnte in der Praxis zur Versteinerung bestehender Strukturen führen und notwendige Anpassungen an Markt- oder Finanzierungsbedingungen erschweren.

Sonderregelung für börsennotierte Gesellschaften („Börsenklausel“)

Die Regelung, dass Änderungen des Gesellschafterbestands im Ausmaß von mindestens 75 % innerhalb von sieben Jahren Grunderwerbsteuer auslösen, soll nicht für börsennotierte Gesellschaften gelten (Ausnahme gemäß § 1 Abs 3 Z 4 GrEStG im Entwurf). Die Bestimmung ist heikel. Die Materialien dazu sagen, dass mit der Einfügung der „Börsenklausel“ Übergänge von Anteilen an solchen Kapitalgesellschaften für den Tatbestand des Gesellschafterwechsels außer Acht bleiben, die an einer Wertpapierbörse gehandelt werden. Es soll offenbar dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es bei börsennotierten Gesellschaften aufgrund des ständigen liquiden Aktienhandels zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einer Auswechslung von zumindest 75 % des Aktionariats kommen kann, dies aber nicht Grunderwerbsteuer auslösen soll. Dem muss uneingeschränkt zugestimmt werden.

Der Wortlaut und auch die Materialien schließen nun aber nicht aus, dass auch der Erwerb von mehr als 75 % der Aktien im Zusammenhang oder im Wege eines Übernahmeangebots ausgenommen sein könnte. Ein Bieter (i) erwirbt z. B. mehrere Pakete (oder über die Börse) bis unter 30 % der stimmberechtigten Aktien (die sog. „Kontrollschwelle“ gemäß § 22 Abs 2 ÜbG), erwirbt danach ein (weiteres) 50-%-Paket und löst die Angebotspflicht aus oder (ii) startet ein freiwilliges Angebot zur Kontrollerlangung gemäß § 26a ÜbG und überschreitet mit diesem (sofern es nicht an der Mindestannahmeschwelle von 50 % scheitert) die 75-%-Schwelle.

Dass auch solche Transaktionen keine Grunderwerbsteuer auslösen, dürfte nicht gemeint gewesen sein, insbesondere weil die Ausnahme der Börsenklausel explizit nur von § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG gewährt wird, nicht jedoch von Z 2. Diese Z 2 besagt, dass, soweit Z 1 nicht in Betracht kommt, ein Rechtsgeschäft, durch welches mindestens 75 % aller Anteile an der Gesellschaft in der Hand einer Person oder Personenvereinigung vereinigt werden würden (oder durch ein Rechtsgeschäft die 75-%-Schwelle überschritten wird), die Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.

Die Börsenklausel ist daher zumindest unklar und sollte überarbeitet bzw. klargestellt werden.

Weitere Klarstellungen und Details

  • Treuhänderisch gehaltene Anteile gelten – wie bisher – als dem Treugeber zugerechnet.
  • Neu ist die grundstücksbezogene Betrachtung: Ob eine Anteilsvereinigung steuerlich relevant ist, soll künftig für jedes Grundstück einzeln beurteilt werden.

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

Die neuen Regelungen sollen für Erwerbsvorgänge nach dem 30. Juni 2025 gelten. Eine Übergangsregelung sieht vor, dass Beteiligungen, die am Stichtag bereits 75 % oder mehr betragen, künftig ebenfalls GrESt auslösen können, sobald sich der Beteiligungsumfang ändert – es sei denn, dieser fällt unter die neue 75-%-Grenze. Diese Regelung führt dazu, dass Altbeteiligungen nicht dauerhaft geschützt sind. Wenn etwa ein Hauptgesellschafter von seiner 85-%-Beteiligung 5 % an einen Dritten veräußert, löst auch eine solche Anteilsübertragung Grunderwerbsteuer aus. Auch in bestehenden Strukturen können somit künftige Änderungen GrESt auslösen.

Fazit

Der vorliegende Gesetzesentwurf bringt eine deutliche Ausweitung der Besteuerung von Immobilientransaktionen. Vor allem die Absenkung der Beteiligungsschwelle, die multiplikative Durchrechnung, der erhöhte Steuersatz bei Immobiliengesellschaften sowie der Verzicht auf konzerninterne Steuerbefreiungen führen zu einer massiven Ausweitung des Anwendungsbereichs der Grunderwerbsteuer.

Gleichzeitig bleiben zentrale Begriffe wie „Immobiliengesellschaft“ oder „Personenvereinigung“ auslegungsbedürftig.

Die Börsenklausel ist zum einen sehr sinnvoll, sollte jedoch noch überarbeitet werden.

Angesichts der geplanten Änderungen empfiehlt es sich, bestehende Unternehmensstrukturen und Beteiligungsverhältnisse frühzeitig zu überprüfen. Insbesondere bei Immobiliengesellschaften oder konzerninternen Strukturen kann es ratsam sein, Transaktionen vorzuziehen oder anzupassen, um steuerlich nachteilige Folgen ab Juli 2025 zu vermeiden.

Die Begutachtungsfrist des Gesetzesentwurfes ist äußerst kurz bemessen und endete bereits am 9. Mai 2025. Der Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten, und wir werden über weitere Entwicklungen selbstverständlich zeitnah informieren.

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