Der OGH hat im am 19.02.2025 in der Entscheidung 7 Ob 169/24i über die Zulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren abgesprochen. In dieser Entscheidung kam der OGH zum Ergebnis, dass Klauseln, die eine prozentual von der Kreditsumme bemessene Kreditbearbeitungsgebühr vorsehen, als gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB einzustufen sind. Nachdem der OGH vor gut einem Jahr einer Entscheidung zu dieser Frage ausgewichen war, indem er sich ausschließlich auf das Transparenzgebot stützte (lesen Sie unseren damaligen Beitrag dazu hier), hat er nun eine Entscheidung zur gröblichen Benachteiligung selbst getroffen.

1. Zeitlicher Überblick über die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren und Servicepauschalen

Seit der Entscheidung des OGH 6 Ob 13/16d aus dem Jahr 2016 galten prozentual bemessene Servicepauschalen und Bearbeitungsgebühren (somit auch Kreditbearbeitungsgebühren) grundsätzlich als zulässig. Damals wurden derartige Bearbeitungsgebühren als Teil des Entgelts klassifiziert und unterlagen daher keiner inhaltlichen Kontrolle im Rahmen der Klauselprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), insbesondere nicht der sogenannten Inhaltskontrolle wegen gröblicher Benachteiligung (§ 879 Abs 3 ABGB). Die Inhaltskontrolle betrifft nur Nebenleistungspflichten, nicht jedoch die Hauptleistungspflichten eines Vertrags. Da das Entgelt eine klassische Hauptleistungspflicht darstellt und Bearbeitungsgebühren als Teil des Entgelts angesehen wurden, wurden sie damals keiner inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte unterzogen.

Vor dem Hintergrund jüngerer EuGH-Judikatur (u. a. Caixabank: C-224/19 und C-259/19) hat der OGH in den sogenannten Fitnessstudio-Entscheidungen der Jahre 2022 und 2023 (OGH 4 Ob 59/22p; OGH 9 Ob 94/22x) sowie einigen Folgeentscheidungen erkannt, dass Entgelte sehr wohl der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterliegen. Aus den Fitnessstudio-Entscheidungen ergab sich insb. folgendes:

  • Einer pauschalen Gebühr muss eine tatsächliche Leistung gegenüberstehen. Fehlt eine solche Leistung (steht der Gebühr also gar keine zusätzliche Leistung gegenüber), ist die Gebühr gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB und kann nicht wirksam in AGB vereinbart werden.
  • Steht der Gebühr eine tatsächliche zusätzliche Leistung gegenüber, muss die Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen.
  • Diese Rückschlüsse gelten jedoch nur für klauselhaft vereinbarte Nebengebühren. Werden solche Gebühren individuell ausgehandelt, unterliegen sie nicht der AGB-Kontrolle.

So verneinte der OGH beispielsweise eine Gebühr für die Neuausstellung einer Zutrittskarte zu einem Fitnessstudio mit der Begründung, dass der Zutritt bereits durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten sei. Eine weitere Leistung des Fitnessstudios sei in der Ausstellung einer Zutrittskarte nicht ersichtlich. Weiters entschied der OGH, dass pauschale Entgelte grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zur tatsächlich erbrachten Leistung stehen müssen. So waren EUR 40 für die Ausstellung einer Plastikkarte mit vernachlässigbarem Materialwert in den Augen des OGH nicht gerechtfertigt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Pauschalierung oder eine Gewinnmarge per se unzulässig sind. Vielmehr muss die Klausel so gestaltet sein, dass das pauschale oder prozentual bemessene Entgelt in Relation zum tatsächlichen Aufwand gesetzt werden kann.

Mit Spannung wurde daher vor gut einem Jahr das Urteil des OGH 2 Ob 238/23y erwartet, weil es sich um die erste Entscheidung zu Kreditbearbeitungsgebühren seit den genannten EuGH-Entscheidungen und den Fitnessstudio-Entscheidungen des OGH und der damit verbundenen Änderung der Rechtsprechung zu pauschalen Zusatzentgelten handelte.

Wie bereits erläutert, wich der OGH in 2 Ob 238/23y jedoch einer inhaltlichen Entscheidung zur gröblichen Benachteiligung aus, indem er sich ausschließlich auf das Transparenzgebot stützte und die Klausel bereits in diesem Prüfschritt für unzulässig erklärte. Dadurch wurde die weitere Prüfung der Kreditbearbeitungsgebühren auf inhaltlicher Ebene obsolet und der OGH befasste sich nicht mehr damit.

2. Die aktuelle Entscheidung 7 Ob 169/24i – „Bawag“

In der aktuellen Entscheidung 7 Ob 169/24i hat sich der OGH erstmals mit der gröblichen Benachteiligung von prozentual bemessenen Kreditbearbeitungsgebühren seit der zuvor beschriebenen Änderung der Judikaturlinie durch die Fitnessstudio-Entscheidungen befasst. Der OGH stufte Kreditbearbeitungsgebühren nicht als Hauptleistungspflicht des Vertrags ein und machte sie somit der Inhaltskontrolle zugänglich. Der OGH kommt (wenig überraschend vor dem Hintergrund der neuen Judikaturlinie) zu dem Ergebnis, dass prozentual bemessene Kreditbearbeitungsgebühren gröblich benachteiligend und somit unzulässig sind. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich der Aufwand einer Bank für die Bearbeitung eines Kredits in Höhe von beispielsweise EUR 220.000 von jenem für die Bearbeitung eines Kredits über EUR 440.000 unterscheiden sollte. Eine doppelt so hohe Kreditbearbeitungsgebühr sei daher gröblich benachteiligend und somit nicht zulässig.

3. Auswirkungen der aktuellen OGH-Entscheidung

Nach diesem Urteil ist nunmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass klauselhaft vereinbarte Kreditbearbeitungsgebühren, die sich pauschal prozentual an der Kreditsumme bemessen, unwirksam sind. Der OGH hat in seinem Urteil auch eine mögliche zeitliche Beschränkung der Urteilswirkung dahingehend thematisiert, ob das Urteil womöglich nur für in Zukunft abgeschlossene Klauseln wirke, nicht jedoch auf in der Vergangenheit abgeschlossene Klauseln. Eine solche Einschränkung wurde jedoch ausdrücklich verneint. Es besteht grundsätzlich kein Vertrauensschutz auf die Richtigkeit oder den Fortbestand einer bestimmten Judikaturlinie. Der EuGH gewährt einen solchen Vertrauensschutz nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn die Betroffenen im guten Glauben im Einklang mit einer bisherigen Rechtsprechungslinie gehandelt haben und wenn eine schwerwiegende Störung durch eine Änderung der Rechtsprechung eintreten würde (an letzteres werden sehr hohe Anforderungen gestellt). Der OGH sah jedoch im vorliegenden Fall keine dieser Voraussetzungen als erfüllt an.

Obwohl sich die Entscheidung formal nur auf das betroffene Unternehmen bezieht und dieses lediglich verpflichtet, es zu unterlassen, die gegenständliche Klausel zu verwenden oder sich auf diese zu berufen, ist davon auszugehen, dass dazu berechtigte Verbände (sofern nicht ohnehin bereits geschehen) auf Grundlage dieses Urteils Unterlassungsklagen gegen sämtliche andere Kreditinstitute anstreben werden, die solche Klauseln verwenden oder verwendet haben. Es ist ferner zu erwarten, dass solche Verfahren im Sinne der hier dargestellten neuen Judikaturlinie entschieden werden.

Es stellt sich die Frage, welche konkreten rechtlichen Konsequenzen sich aus der Unzulässigkeit dieser Kreditbearbeitungsgebühren für jene Kreditverträge ergeben, für die eine solche Gebühr in den AGB vereinbart und von den Kreditnehmern bezahlt wurde. Grundsätzlich bedeutet der Wegfall der Klausel, dass die vertragliche Grundlage für die Forderung dieser Gebühr entfällt, wodurch die Gebühren an die Kunden rückerstattet werden müssen.

Näher diskutiert werden könnte, ob sich Kreditinstitute statt der Klausel auf § 1152 ABGB berufen können und zumindest einen Teil der Kreditbearbeitungsgebühren zurückbehalten können. § 1152 ABGB ist die grundsätzliche Wertung zu entnehmen, dass ein Dienstleistungserbringer darauf vertrauen darf, für seine Leitung ein angemessenes Entgelt zu erhalten, auch wenn keines vereinbart wurde. Der OGH hob die Klausel der pauschalen prozentualen Kreditbearbeitungsgebühren v. a. deshalb auf, weil sich – seiner Ansicht nach – der Aufwand der Bank bei einem Kredit über eine höhere Summe nicht entsprechend erhöhe und somit die Kreditbearbeitungsgebühr nicht mehr in angemessenem Verhältnis zum Aufwand stehe. Durch die Bestimmung des § 1152 ABGB steht der Bank jedoch für ihren Aufwand ein Entgelt in angemessener Höhe zu. Zu beachten ist jedoch, dass schon der Kreditzins (i. d. R. zusammengesetzt aus Refinanzierungszinssatz und Aufschlag der Bank) ein Entgelt darstellt. Wie zu den Fitnessstudio-Entscheidungen bereits gesagt, darf ein zusätzliches Entgelt in AGB nur vereinbart werden, wenn diesem eine tatsächliche zusätzliche Leistung gegenübersteht. Ob dies im Falle von Kreditbearbeitungsgebühren tatsächlich der Fall ist oder der Aufwand der Bank bereits durch den Kreditzins abgegolten wird, ist im Einzelfall zu beurteilen.

 

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